Als Ende der 1970er Jahre die Firma Singer mit der „Athena 2000“ und der „Touchtronic 2001“ die ersten elektronischen Nähmaschinen auf den Markt brachte, begann auch in der Kleinstickerei eine neue Ära.
Im Jahr 1983 präsentierte dann die Carl Zangs AG mit der „Zangs 117R“ die erste computergesteuerte Großstickmaschine. Damit erfolgte in der Großstickerei die allmähliche Ablösung der seit etwa 1900 praktizierten Maschinensteuerung mittels Lochkarte. Gerade im Vogtland dürften damals Millionen Lochkarten mit Stickmustern für VOMAG-Stickautomaten im Umlauf gewesen sein.
In den folgenden 20 Jahre koexistierten in der Stickereibranche Lochkarte und Diskette. Man behalf sich in dieser Zeit mit Konvertierungsgeräten zwischen Lochkarte und Diskette, um zwischen den verschiedenen Maschinensteuerungen zu vermitteln. Alle namhaften Hersteller von Stickmaschinen entwickelten damals Geräte, um innerhalb ihrer firmentypischen Systeme Stickmuster von Lochkarte auf Diskette übertragen zu können. Darüber hinaus gab es auch Systeme, die zurück von Diskette auf Lochkarte konvertieren konnten.
Nachdem in den 1990er Jahren im Vogtland immer mehr VOMAG-Stickautomaten verschrottet wurden, verschwanden auch die Lesegeräte und Stanzen. Die Zukunft gehörte der elektronischen Maschinensteuerung. Die riesigen Bestände an Lochkarten und Zubehör gingen in den Folgejahren ebenfalls den Weg alles Irdischen. Heute hat die elektronische Stickerei die Lochkarte als Datenträger vollständig ersetzt.
Die Schaustickerei und ihr Trägerverein verfügen noch über einen größeren Bestand an historischen Lochkarten. So entstand die Idee, alte Lochkarten mit einem Lesegerät auszulesen. Anschließend sollten die Musterdaten mit einer passenden Software visualisiert und in eines der heute gängigen Stickformate umgewandelt werden.
Bereits vor einigen Jahren hatte die Schaustickerei das Lochkarten-Lesegerät 178 CR der Firma ZSK erworben. Es stammt aus dem Jahr 1988 und ist mit der damals üblich Software ausgestattet. Die Daten der Musterkarten (164 mm Lochstreifen) werden dabei mit einem photooptischen Abtaster ausgelesen, konvertiert und auf einer 3,5″-DD-Diskette gespeichert.
Unser Vorhaben mit der Bezeichnung „Recycling historischer Musterdaten der Spitzen- und Stickereiindustrie“ wurde bei der Kulturstiftung Sachsen 2023 eingereicht und bewilligt. In den vergangenen Monaten ist es gelungen eine Methode zu entwickeln, um mit vertretbarem Aufwand Lochkarten auszulesen und dazustellen.
Damit war es möglich, Stickmuster auf Lochkarte in ein elektronisches Format zu überführen. Um die Stickmuster sichtbar zu machen, bedurfte es wiederum historischer PC-Technik, Diskettenlaufwerke sowie betagter Software. Der noch verbleibende Schritt in die Neuzeit und das Editieren der Muster erfolgte dann mit aktueller Software.
Bei der Konvertierung der Lochkarten haben wir Herkunft, Entstehungszeit und Stickparameter der Muster aufgenommen. Leider waren nur wenige Angaben zu den Karten verfügbar, was eine historische Einordnung erschwerte. Bisher konnten 85 Stickmuster eingelesen und bearbeitet werden.